Page 8 - KUNST ABC Leseprobe
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Konzept – ein Modewort im Zeitalter der Pläne und Planungen: Plan,
Entwurf, Idee. Ideenkunst? Aber das Kunstwerk spricht unsere Sinne
an, weil es aus die Sinne erregenden Materialien besteht. Der Ideen-
künstler verabscheut diese Form der Kunst. Terry Smith, Mitglied der
Gruppe Art & Language sagt: „Dass Beuys naturhistorisches Zubehör
benutzt, scheint auf den Versuch der welthistorischen Ingriffnahme
einer künstlerischen Intention hinzudeuten – unbefriedigend, nicht
nur wegen der Sinnlosigkeit, Ausstellungen als Subjektmaterial zu be-
nutzen und der Dürftigkeit und Formlosigkeit solcher ‚Einsichten‘, son-
dern auch, weil die Grund-Ideologie sich nicht änderte: Sie hat ihren
romantischen subjektivistischen Charakter im Sinn einer Fachbezo-
genheit behalten.“
Seit dem 16. Jahrhundert kennen wir Künstler und Kunstrichtun-
gen, die der Sinnlichkeit der Kunstaufnahme entgegenwirken, die ver-
suchen, im Kunstwerk rationale, nachprüfbare Erkenntnisse zu vermit-
teln. Sie reduzierten auf den Bildträgern alle Formen und Farben, die
sinnlich reizen könnten, ja, beschränkten im ersten Drittel des 20. Jahr-
hunderts (Piet Mondrian, Kasimir Malewitsch) die Kompositionen auf
ein Minimum, das ihnen ihren Kunstwert zu nehmen schien. Doch
auch diese „Dematerialisation“ erscheint den Konzeptkünstlern ver- Joseph Kosuth, One and Three Chairs, 1965, Holzstuhl, Fotografie des Stuhls,
dächtig. „Je geringer sich der Materialeinsatz im Kunstwerk zeigt, fotografische Vergrößerung des Wörterbucheintrags „Stuhl”, 118 × 271 x 44 cm
umso größer wird die konzeptuelle Seite auf magische Weise“ (Stuhl: 83,1 × 40 × 41 cm, Fotografie: 102 × 55 cm, Texttafel: 48,3 × 86 cm)
(T. Smith). Der Versuch, dem Kunstwerk jede Sinnenhaftigkeit zu ent-
ziehen, führt zu dem Experiment, das durch das Märchen von des Kai-
sers neuen Kleidern bekannt geworden ist. Nichts als ein Wort, eine
Vorstellung hat diese Kleider erzeugt, doch noch die Vorstellung be-
hauptet ihre Sinnenhaftigkeit. So sind alle Versuche der Konzept-
künstler Annäherungen an jenen ersehnten Zustand der Freiheit von
allen sinnlichen Verstrickungen. Das Wort „konzeptuell“ steht seit sei-
ner Anwendung durch den französischen Dichter Guillaume Apollinaire
am Beginn unseres Jahrhunderts für eine Wunschvorstellung, die zu
einem Bildersturm führen könnte.
1969 zeigte der junge New Yorker Kunsthändler Seth Siegelaub
Werke von vier Konzeptkünstlern: Robert Barry, Douglas Huebler,
Joseph Kosuth und Lawrence Weiner: Katalogmappen auf einem Tisch
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